Eine insgesamt positive Bilanz ziehen die beteiligten Wohlfahrtsverbände zum vierten Aktionstag der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (im folgenden MBE) und Jugendmigrationsdienst (im folgenden JMD) am 20.09.2018 in ihrer zentralen Anlaufstelle in der Berswordthalle. Die Kooperation der Verbände zeigt deutliche Synergieeffekte, die in der schwer überschaubaren Landschaft von projektbezogenen Stellen und Zuständigkeiten sehr hilfreich sind.
Seit 2005 arbeiten AWO, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk, IN VIA, Planerladen und Stadtteilschule mit nunmehr 18 Beratenden zusammen, um Neuzugewanderten die Eingewöhnung und das Leben in der neuen Heimat zu erleichtern. Bereits im Jahr 2006 haben die Wohlfahrtsverbände ein gemeinsames Clearing-Büro in der Berswordthalle eröffnet, um die Zuwanderten bei der Integration zu unterstützen.
Dieses Mal hat die Vernetzung sich entschlossen, die Gelegenheit zu nutzen und im Rahmen des Aktionstages mit den Bundesabgeordneten zusammen zu kommen. Torsten Sommer vertrat SPD-MdB Marco Bülow und Christian Seydler folgte der Einladung als Vertretung für DIE LINKE-MdB Ulla Jelpke.
Hervorgehoben wurden die bisher erfolgreiche Arbeit des Clearing-Büros und der MBE-/JMD-Beratenden sowie insbesondere die in diesem Rahmen sehr fruchtbare Kooperation mit anderen übergreifenden Diensten.
Wichtige Aufgaben von MBE und JMD sind die Vermittlung von Sprachangeboten, die Beratung zum schulischen und beruflichen Werdegang, Hilfe im Umgang mit Behörden, Hilfe bei Wohnungsfragen, Weiterbildungs-, Qualifikations- und Anerkennungsberatung sowie die Unterstützung bei persönlichen und familiären Fragestellungen. Ziel ist es, die Zugwanderten zu einem selbständigen Leben ohne staatliche Unterstützung zu befähigen.
Um der wachsenden Aufgebe gerecht zu werden, arbeiten MBE und JMD eng mit den Trägern der Integrationskurse und der Ausländerbehörde, dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit, Fachberatungs-, Flüchtlingsberatungsstellen sowie Projekten für EU-Zugewanderte zusammen.
Die hauptamtlichen Fachkräfte kennen die migrationsspezifischen Lebenslagen der Ratsuchenden und orientieren ihre Netzwerkarbeit an den Bedürfnissen der Zugewanderten. MBE und JMD sind wichtige Sensoren dafür, wie die Integration vor Ort funktioniert und welche Probleme es gibt. Diese Arbeit liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft, da hierdurch Problemlagen im Bereich der Integration abgemildert und so ein friedliches Zusammenleben gefördert wird.
Diese weitreichende Rolle der JMD und MBE im Integrationsprozess wurde bei dem Treffen ausführlich diskutiert. Als „Allrounder“ leisten sie Beratung und konkrete Unterstützung in allen Bereichen alltäglicher Problemlagen der migrierten Menschen. Neben der Sprachbarriere und der mangelnden Kenntnis deutscher Bürokratie haben diese nicht selten auch mit verstärkter Kontrolle durch Behörden zu kämpfen und sind wegen ihrer allgemein prekären Lage oft Ausbeutung ausgesetzt (z.B. auf dem Wohnung- und Arbeitsmarkt). Zudem begegnen sie häufig Vorurteilen und Stigmatisierungen, die ihnen die Integration in unsere Gesellschaft und ein würdevolles Leben erschweren. Die Beratenden übernehmen eine Kompassfunktion. Sie sind Vertrauensperson, Familienbegleitung und Lifecoach sowie eine Dokumentationsstelle des Integrationsprozesses. Als eine wichtige gemeinsame Forderung wurde denn auch eine umfänglichere finanzielle Ausstattung der bestehenden Dienste und Programme – vor allem der Bundesprogramme MBE / JMD – herausgestellt. Die Nachfrage nach diesen Angeboten ist sehr groß und mit den bisherigen personellen Mitteln nicht zu bewältigen.
Das Angebot der Wohlfahrtsverbände wurde erstmals mit Beginn der Flüchtlingsbewegung und EU-Zuwanderung ab 2015 verstärkt in Anspruch genommen. So wurden 2015 rund 2.690 im Jahr darauf 3.195 und 2017 schließlich 4.028 Menschen bei der Integration durch MBE und JMD unterstützt.
Zu berücksichtigen ist auch, dass Integrationsprozesse mehrere Jahre dauern können und es somit hinsichtlich Beratung und Begleitung der Zugezogenen für die dargestellten Jahre Additionseffekte gibt. Die Unterstützung der vor allem seit 2015 nach Deutschland zugezogenen Menschen ist somit eine langfristige und größer werdende Aufgabe der MBE und JMD. Dies spiegelt der „Flickenteppich“ der Projektlandschaft in keiner Weise wieder.
Dass diese Situation dringend verbessert werden muss, ist angesichts der deutlich gestiegenen Migration offenkundig. Integration darf nicht zum Glücksspiel werden und ist auf verlässliche Partnerschaften angewiesen.