Mieter:innen, Initiativen und Organisationen kämpfen europaweit gegen steigende Mieten und Vertreibung. Vom 29. März bis zum 7. April setzen sie sich im Rahmen der Housing Action Days für das Recht auf Wohnen ein.
Obwohl Mieter:innen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gut geschützt sind, sorgen steigende Kosten, fehlender Schutz und Diskriminierung auch bei uns für Verunsicherung, schlechte Wohnverhältnisse und vermeidbare Wohnungsverluste. Am 5. April von 14 bis 17 Uhr findet der Dortmunder Housing Action Day in der Münsterstraße vor der Kirche St. Joseph statt. Hier erhalten Mieter:innen und Betroffene von Verdrängung oder Wohnungslosigkeit Hilfen und Informationen zu den Themen Wohnen, Mietrecht, Diskriminierung und den steigenden monatlichen Kosten. Die beteiligten Organisationen stellen ihre Informations- und Hilfsangebote vor und sind direkt ansprechbar: Beratung und Vermittlung bei Diskriminierungserfahrung und Konfliktfällen im Wohnbereich (Planerladen gGmbH), Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., Unterstützung von Geflüchteten (Train of Hope e.V.), Wohnraumvermittlung Home4you (Grünbau gGmbH), Energiesparservice Caritas, Hilfe bei Wohnungslosigkeit (bodo e.V.), gewerkschaftliche Hilfsangebote (DGB NRW Dortmund-Hellweg), Sozialforum Dortmund, Genossenschaft von unten Dortmund, Solidaritätsnetzwerk Dortmund und weitere.
Schutz vor Wohnungsverlust
Die Ampelkoalition hat angekündigt, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. Bisher sind jedoch keine konkreten Schritte erkennbar. Neben der Bereitstellung von Wohnungen für obdachlose Menschen ist ein besserer Schutz vor Wohnungsverlust dringend notwendig. Tatsächlich aber können Kündigungen bei Zahlungsrückständen weiterhin nicht automatisch mit dem Ausgleich der Forderungen verhindert werden. Ankündigungen der Ampel dies zu ändern, stehen bisher nur auf dem Papier.
Rettungsschirm für Wohnungssuchende
Mieter:innen sind vor willkürlichen Mieterhöhungen relativ gut geschützt. Die Mieten für einen neuen Vertrag können aber fast frei festgelegt werden. In der Nordstadt gibt es derzeit Angebote für freifinanzierte Wohnungen mit Netto-Kaltmieten von 10 bis 12 ¤/m². Diese liegen deutlich über den Werten des Mietspiegels und der Angemessenheitsgrenzen der Stadt Dortmund.
Eine jüngste Bezahlbarkeitsanalyse im Auftrag der Stadt Dortmund zeigt noch einmal deutlich, dass gerade die Mieten für eine neue Wohnung deutlich stärker steigen als die Einkommen. Einen Umzug in eine passende und bezahlbare Wohnung können sich daher immer weniger Menschen leisten.
Wer dringend eine Wohnung sucht, muss im Zweifel hohe Preise akzeptieren und anderswo sparen. Wer wegen Bürgergeld oder Grundsicherung knapp über dem Existenzminimum lebt, kann das aber oft nicht mehr. Viele leben daher in zu engen Wohnungen, was zu Spannungen und Problemen führen kann, nicht nur bei den Hausaufgaben der Kinder.
Eine wirksame Begrenzung von Neuvertragsmieten ist dringend erforderlich. Die Einführung einer Mietpreisbremse wäre das Mindeste. Darüber hinaus ist der wirksame Schutz vor Ausbeutung durch Mietwucher und eine Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts notwendig.
Viele Bewohner:innen dieser Stadt haben Schwierigkeiten, eine passende Wohnung zu finden. Insbesondere Wohnungslose, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund sind von Diskriminierung betroffen und haben es noch schwerer, eine Wohnung zu finden. Oft müssen sie hohe Mieten für kleine oder schlechte Wohnungen zahlen, da andere für sie nicht zugänglich sind.
Es ist wichtig, dass der Wohnungsmarkt für alle zugänglich ist und Diskriminierung vermieden wird. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Betroffene vor Diskriminierung schützen, ist jedoch momentan unzureichend. Das Bündnis AGG-Reform-Jetzt fordert deswegen eine umfassende und dringend notwendige Reform des AGG, um so für alle ähnliche Bedingungen unter anderem bei der Wohnungssuche zu schaffen und eine gerechte Verteilung des Wohnraums zu erreichen.
Gemeinwohl statt Rendite
In Dortmund sind Zehntausende Wohnungen Anlageobjekte börsennotierter Wohnungskonzerne wie Vonovia, LEG oder GrandCity, kleinerer Immobilienfonds, Finanzinvestoren und ihren Papierfirmen. Sie wirtschaften nach den Regeln des Finanzmarktes und nicht im Sinne einer nachhaltigen und sozialen Stadtentwicklung. Häufig bleibt sogar unklar, von wem das Geld eigentlich kommt und wer final Entscheidungen trifft.
Die aktuelle Zinswende lässt befürchten, dass diese Konzerne weniger Geld für die Bestandsentwicklung zur Verfügung haben. In Zeiten hoher Gewinne wurden große Teile der Mieteinnahmen und vermeintlichen Wertsteigerungen als Dividenden und Zinsen an Anteilseigner ausgezahlt. Dieses Geld fehlt nun.
Wir benötigen endlich wieder einen gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt mit bezahlbaren Mieten und echter Mitbestimmung. Werkswohnungsbau, kommunaler Wohnungsbau und Genossenschaften bis 1990 haben gezeigt, wie wichtig ein starker gemeinnütziger Sektor ist.
Wohnungspolitik neu denken – auf allen Ebenen
Seit 2005 hat sich der Bestand an Sozialwohnungen fast halbiert, aufgrund jahrzehntelanger gravierender Fehler der deutschen Wohnungspolitik ist auch kurzfristig keine Besserung in Sicht. Auch wenn der Trend in Dortmund in den letzten Jahren abgebremst wurde: auslaufende Mietpreisbindungen und fehlende gemeinnützige Träger erschweren eine Trendumkehr.
Bauen alleine ist keine Lösung, da zumeist im hochpreisigen Segment gebaut wird. Auch in Dortmund sind die Angebotsmieten für Neubauwohnungen im Jahr 2022 mit 12,09 ¤ (nettokalt, zuzüglich Nebenkosten) für viele Menschen finanziell nicht tragbar. Die öffentlich geförderten Wohnungen kosten inzwischen auch 7,25 ¤/m². Das macht sie für Menschen mit wenig Geld schwer finanzierbar.
Die Stadt Dortmund bemüht sich intensiv, den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben. Ohne langfristig orientierte, mieter:innenfreundliche Rahmenbedingungen auf Landesebene wird sich das Problem jedoch weiter verschärfen.
Planerladen Kampagne „Geflüchtete gleichbehandeln!“
Diese Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt ist erschreckend und trifft vulnerable Personengruppen noch stärker als die Gesamtbevölkerung. Unter Geflüchtetengruppen kommt es auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich zur Benachteiligung. Oft sind vor allem nicht europäisch gelesene Menschen betroffen.
Geflüchtete, die ein Asylverfahren durchlaufen, sind verpflichtet, bis zu 18 Monate lang zunächst in einer Landesunterkunft zu leben – gar bis zu 24 Monate, wenn die geflüchtete Person aus einem sogenannten „Sicheren Herkunftsstaat“ kommt. Obwohl Wissenschaftler:innen diese Art der Unterbringung aufgrund möglicher Krankheitsfolgen stark kritisieren, ist sie weiterhin gängige Praxis.
Zudem kann es in den Unterkünften zu Zwangsverlegungen kommen, da manche Gruppen Geflüchteter bevorzugt behandelt werden. Dieses Vorgehen birgt weitreichende Risiken, z.B. die Gefährdung des Arbeitsplatzes oder den Abbruch von Integrationskursen.
Auch in anderen Bereichen gibt es zwischen Geflüchtetengruppen aus unterschiedlichen Ländern eine Ungleichbehandlung. Mit der Kampagne verdeutlicht der Planerladen die Dimensionen der Ungleichbehandlung Geflüchteter und fordert einen Kurswechsel in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Finanzsektor, Arbeitssektor, Anerkennung von Führerscheindokumenten. Auf Instagram unter @planerladen sowie auf der Kampagnen-Website werden die sechs Themen aufgegriffen und vorgestellt.
Die Kampagne wird im Rahmen des KOMM AN geförderten Projektes flügge durchgeführt.
Unsere Forderungen
• Wohnen, Grund und Boden müssen ein öffentliches Gut sein! Schluss mit der Bodenspekulation durch Vergesellschaftung von Grundeigentum und großen Wohnungsbaugesellschaften und massive Investitionen des Staates in den sozialen Wohnungsbau.
• Demokratische Stadtplanung! Wir brauchen eine ständige demokratische Debatte über Stadtplanung und Wohnungspolitik, um Spekulation und Gentrifizierung zu stoppen und die Rechte von Mietern zu stärken.
• Eine radikale Wende in der Stadt- und Territorialpolitik! Für eine solidarische und ökologische Stadt- und Raumentwicklung!
• Alternativer Wohnraum muss Recht werden! Hausbesetzungen und andere Besetzungen dürfen nicht kriminalisiert oder bestraft werden, sondern müssen als alternative Lösungen für Wohnraum und kollektive Organisierung unterstützt werden.
• Schluss mit der Obdachlosigkeit! Wir fordern einen klaren Plan mit geeigneten Mitteln, um Menschen mit angemessenen und stabilen Wohnlösungen zu versorgen.
• Schluss mit Zwangsräumungen! Umquartierung! Wintermoratorien für Zwangsräumungen müssen ein erster Schritt zur Achtung der grundlegenden Menschenrechte sein.
• Rücknahme leerstehender Wohnungen und Gebäude durch lokale und zentrale Behörden und Umwandlung in erschwingliche Sozialwohnungen!
• Eine europaweite Senkung der Mieten! Die Kontrolle von Mieten und Immobilienpreisen sowohl für öffentlichen als auch für privaten Wohnraum.
• Bewilligung tatsächlich geforderter Angebotsmieten bei Bürgergeld und Sozialhilfe
• Aussetzen der mit Umzugsverpflichtung verbundenen Kostensenkungsaufforderungen der Stadt Dortmund bei Bürgergeld und Sozialhilfe